die presse | |
dieter in ... |
zitat: Nicht viele Bands stehen auf solch festen Wurzeln. Aber es gibt sie, und sie sorgen fernab aller Charts dafür, dass sich unsere Musik- und Hörkultur nicht einfach auf die kommerziellen Charts reduziert. Als Garant für das echte, unverfälschte Tonerlebnis; direkt und ohne PR-Kampagne, von Herz zu Herz.
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2.12.2008 | Ueli Wild in der Mittelland-Zeitung
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25.9.2003 | Philipp Weber "Lenzburger Bezirksanzeiger"
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19.9.2003 | Fabienne Krauer im "Wohler Anzeiger"
/ "Bremgarter Bezirksanzeiger" |
8.9.2003 | (esw) in der "Aargauer Zeitung"
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4.9.2003 | Bettina Stähli in der "Aarauer
Zeitung"
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22.4.2003 | Simon Gautschy in der AZ / "Regionalzeitung
Wynental-Suhrental-Zofingen"
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dieter in ... |
zitat: -Oh, Ja! -Es gibt ihn noch, den guten alten Rock und siehe da, er lebt und ist wohlauf! Dass er alle musikalischen (und anderen) Exzesse derart unbeschadet überstanden hat, das ist schon eine Leistung und braucht treue Verbündete.
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Jan Peters, Kaiseraugst |
Wenn die Aargauer Zeitung am 4. September 2003 über «rockin chairs» CD «have a seat» schreibt, dass hier die Post abgehe, dann ist dem zu widersprechen denke ich an das etwas durchzogene Image, dass die PTT in der Öffentlichkeit geniessen. Bei «rocking chair» gibts tatsächlich «value for money». Besonders in Hinblick auf das erste Stück «The night train» würde ich, PTT-kontrastierend, meinen: Hier donnert der Rio Grande del Norte-Express durch die Nacht, dass die Funken nur so stieben, und der unerbittliche Drive, den Drummer Res Schmocker konsequent durchzieht, lässt das rot-silbrig zischend-rasende Getümmel von Gestänge und Räderwerk unterscheiden, das die Brachialgewalt der Dampfmaschine den Schienen aufzwingt und für mächtigen Vortrieb sorgt. Es muss eine rauchende Lokomotive sein, wie Oliver Martins Stimme suggeriert. Chaplins Bilder der «Modern Times» finden ihr musikalisches Äquivalent, während der unaufhaltsame Zug über die Weichen rattert. Das Ziel bleibt unklar, wichtiger als das «Hin zu etwas» scheint das «Fort von etwas». Die Bremer Stadtmusikanten on tour. Ein eidgenössisches Jugend-Syndrom. Hier ist alles so furchtbar eng(stirnig)? Eben: «Stirn» ist sehr präzise und zeigt den Weg jede(r) hat doch eine eigene Stirn bekommen, um sie sich genau so weit zu machen, wie es ihr oder ihm beliebt! Um mit dem Fazit von Rockin Chairs 1. CD zu beginnen: Diese Mischung überzeugt und überragt als eigenständige Produktion wie ein Monolith den faden Einheitsbrei des main stream, mit dem z.B. DRS 3 nach wie vor die eidgenössische Landschaft betröpfelt, gnadenlos monotonisiert durch einen nervtötend jingelnd hirnwaschenden Sprecher, dessen phonetische Alpin-Darbietungen einem Viehauftrieb alle Ehre machen würden. Immerhin. Vielleicht gibts dadurch wenigstens mehr Milch, die ja gesund sein soll. Ich trinke keine. «rockin chair» dagegen machen keine «Mußick» wie der seichte Kommerzrundfunk, covern auch nicht ohne Sinn und Verstand andere, sondern zeigen Anklänge an Vorbilder dort, wo es der eigenständigen Überzeugung von Rock adäquat ist; insofern sind die vielerorts strapazierten Vergleiche mit «Deep Purple», «Jethro Tull» etc. zugleich richtig und zugleich falsch. Phänotypisch richtig und genotypisch falsch. «Humanitys
lost» kann als geradezu paradigmatisch für diese Verfahrensweise
gelten: Frontman Oliver Martins Atemlosigkeit bringt die Endzeit in Echtzeit
rüber, Jethro Tulls unüberhörbarer «Locomotive Breath»
im Nacken hetzt ihn ohne Erbarmen aber nicht als eklektisches Versatzstück,
sondern von «rockin chair» für bare Münze
genommen und als ruhelos pulsierender Impetus eigenständig umgesetzt. In «Amok»
revitalisiert und interpretiert Walter Niederer «Child in time»,
Adrian Aernes Gitarre nimmt die getragene Melancholie auf, lässt
das Aufbegehren ahnen, oszilliert zwischen diesen Polen, während
Oliver Martin der Gesellschaft ihr Leben, das nicht das Leben des singenden
Ritters von der traurigen Gestalt ist, um die Ohren haut, bis der «Communication
breakdown» den Exitus letalis signalisiert: Outcasts zu revitalisieren
ist sowieso viel zu teuer: just let him fall down! «Tears in
your eyes»: wunderschöner lyrischer Gitarrengesang
im Mittelteil, die Emotionen werden da abgeholt, wo sie sitzen, im Bauch
nämlich. In «Brain»
gehts um Texas-Cowboys, die tagsüber psychopathologischen Welterlösungsträumereien
nachgehen, unbrained. Leider unterstützt vom allgewaltigen Pentagon.
Es ist als sehr (!!) erfreulich anzumerken, dass «rockin chair»
nicht der naheliegenden Versuchung erliegt, Hendrix' Sternenbannerzerfetzen
zu folgen oder «Machine Gun» zu kopieren; Genies sind nämlich
per definitionem kopiergeschützt. Während Adrian Aernes Gitarre
scheinheilig ihr «Alles halb so schlimm» singt und dem Publikum
ihr einlullendes Valium verabreicht, wartet Oliver Martin bis zur allerletzten
Zeile, um das Missionarische in George auf das zu reduzieren, was es ohne
hübsche PR-Ornamente ist: «Oil, guns and money». Thats
it! Was sollte man mehr dazu sagen? In «Audrey»
und «Life
teacher» träumt sich Oliver Martin in die Kindheit
zurück, wobei «Life teacher» sozusagen die Transgression
der Regression darstellt: ein höchst nachdenkenswerter Ansatz, diese
Umkehrung erwachsener Prioritäten in Erziehungskonstellationen. «Night hunter»:
wunderbar verhallte Exposition des Themas, kaskadenhafte Melodieelaboration,
«he is lonely, lonely, lonely» akustisch entstehen
hier «Night hawks», its me in the bar. «Beggars
death»: Hi Aqualung, so youre still alive while
youre dying? Memento mori, das letzte Hemd hat keine Taschen
wers glaubt, wird selig?! Unplugged schmeicheln «Winds
from the south», der Versuch, der Gewalt zu entgehen,
die Kulmination im Traum der erfüllten Liebe zugenagelt vom
Marschtritt des universal soldier. Es bleibt die vage Hoffnung, die wilde
Soldateska möge doch bitte in anderes Land weitermarschieren. St.
Florian lässt herzlich von der Feuerfront grüssen! In «On the
run» ist ein Hamster kurz davor, sich zu Tode zu rennen,
«imprisoned in his cage», bis der finale Kontrapunkt von Oliver
Martin gesetzt wird: «I will escape!» Es ist eine überaus bemerkenswerte Palette musikalischer und textlicher Qualitäten, die «rockin chair» mit ihrem «have a seat» vorlegen. Darf man darauf hoffen, von dieser Aargauer Formation noch mehr solch gediegener Qualitätsmöbel angeboten zu bekommen?
Jan Peters, Kaiseraugst |
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